Wie du dei­ne Psy­cho­the­ra­pie durch Kör­per­wahr­neh­mung berei­chern kannst

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hatha Yogalehrerin Sarah troßmann

Du als Mensch bist eine Einheit aus Geist, Seele und Körper. Mit einer Psychotherapie bist du auf der Verstandesebene unterwegs. Warum es so wichtig es ist, auch den Körper und die Seele in den Prozess der emotionalen Heilung miteinzubeziehen, das teilt Sarah Troßmann, traditionelle Haha-Yogalehrerin und psychologische Yogatherapeutin mit uns.

In einem unse­rer letz­ten Arti­kel haben wir uns mit dem The­ma Psy­cho­the­ra­pie beschäf­tigt. Den Arti­kel fin­dest du hier. Eine Psy­cho­the­ra­pie ist um eini­ges tief­grei­fen­der und erfolg­rei­cher (wenn man es so nen­nen will), wenn du die Sache ganz­heit­lich angehst. Lei­der wird die­sem Aspekt in der Pra­xis wenig bis gar kei­ne Beach­tung geschenkt. 

Dabei bist du als Mensch eine Ein­heit aus Geist, See­le und Kör­per. Mit der Psy­cho­the­ra­pie küm­merst du dich um dei­nen Geist. Aber du hast eben auch einen Kör­per geschenkt bekom­men, in dem sich Gefüh­le und Erin­ne­run­gen abspei­chern. Dein Kör­per erlebt alles mit dir mit. Er lauscht, er spürt, er ver­ar­bei­tet, er schützt dich — und zwar lau­fend. Wenn du auch auf die­ser Ebe­ne dei­ne Vergangenheit/​dein Pro­blem angehst und auf die Spra­che dei­nes Kör­pers hörst, lernst du so viel über dich und dei­ne Her­aus­for­de­run­gen. Du bekommst ein bes­se­res Ver­ständ­nis und die Chan­ce, mehr und tie­fer zu hei­len. Wie genau der Kör­per und die Psy­che sich gegen­sei­tig beein­flus­sen und wie du Zugang zu der Spra­che dei­nes Kör­pers bekommst, habe ich mit Sarah Troß­mann bespro­chen. Sie ist tra­di­tio­nel­le Hatha-Yoga­leh­re­rin und psy­cho­lo­gi­sche Yoga­the­ra­peu­tin. Sarah lie­fert in unse­rem Inter­view einen tol­len Ein­blick in ihre Arbeit als Yogatherapeutin.


Sarah, wie bist du zur Yoga­the­ra­pie gekommen?

Ich kann mich noch sehr gut an mei­ne ers­te Yoga­stun­de erin­nern: ich war mit­ten in den Vor­be­rei­tun­gen zu mei­nen Abitur-Prü­fun­gen. Völ­lig im Kopf und unter Druck habe ich mir täg­lich psy­chi­schen Stress gemacht, der sich unter ande­rem auch auf mei­nen Kör­per aus­ge­wirkt hat. Damals hat der Yoga­leh­rer uns am Ende der Stun­de durch eine Licht- und Atem­medi­ta­ti­on gelei­tet, die ein ent­span­nen­des Licht durch unse­ren Kör­per rei­sen ließ. Für mich war es unglaub­lich zu spü­ren, wie sich mein Kör­per plötz­lich total ent­spannt hat und ich ganz bewusst jede Kör­per­re­gi­on in mir wahr­ge­nom­men habe. Seit­dem war Yoga immer schon eine Pra­xis für mich, die sehr viel mit mei­ner Psy­che gemacht hat.

Vor ein paar Jah­ren gab es eine Zeit, in der mein Kör­per gesund­heit­lich sehr geschwächt und ich stän­dig krank war. Zu die­ser Zeit habe ich rich­tig gespürt, wie ich jeden Tag mei­ne Yoga­pra­xis brau­che, um mit den Krank­hei­ten und Stress­fak­to­ren in mei­nem Leben umge­hen zu kön­nen. Yoga half mir sehr dabei, mei­ne Schlaf­stö­run­gen wie­der aus­zu­glei­chen, von rasen­den Gedan­ken­schlei­fen weg zu kom­men und auch neue Per­spek­ti­ven in mei­nem Leben zu erkennen.

Zum Ende die­ser Zeit bil­de­te ich mich als tra­di­tio­nel­le Hatha-Yoga­leh­re­rin aus, um noch tie­fer in das Wis­sen und die Pra­xis ein­zu­tau­chen. Den Hei­lungs­ef­fekt von Yoga bekam ich dadurch qua­si an mei­nem eige­nen Kör­per und mei­ner Psy­che mit. Eine Freun­din, die mein Inter­es­se zu die­sem wun­der­vol­len Hei­lungs­po­ten­ti­al von Yoga kann­te, hat mich auf eine Wei­ter­bil­dung hin­ge­wie­sen, die mich ganz beson­ders ange­spro­chen hat: die Ver­bin­dung von psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Ele­men­ten mit der tra­di­tio­nel­len Yoga­pra­xis, eben Yoga­the­ra­pie. Da war für mich klar, dass ich das erler­nen und wei­ter­ge­ben möchte. 

Was ist das Beson­de­re an Yogatherapie?

Yoga­the­ra­pie ist für mich eine so wun­der­vol­le Metho­dik der Hei­lung und des bewuss­ten Umgangs mit unse­rem Leben, da sie einen sehr ganz­heit­li­chen Ansatz ver­folgt. In der Yoga­the­ra­pie geht man von der Psy­cho­phy­sio­lo­gie von Erfah­run­gen aus. Das heißt, dass jede Erfah­rung (men­ta­ler, emo­tio­na­ler oder kör­per­li­cher Natur), die ein Mensch in sei­nem Leben macht, kör­per­lich abge­spei­chert wird. Dem geht die Poly­va­gal­theo­rie vor­aus, die besagt, dass ein star­ker Zusam­men­hang unse­rer Emo­tio­nen und unse­res Ver­hal­tens mit unse­rem Ner­ven­sys­tem besteht. Herrscht eine Dys­ba­lan­ce im Ner­ven­sys­tem, ist unse­re Resi­li­enz, also unse­re Wider­stands­fä­hig­keit in Stress­si­tua­tio­nen aller Art, eingeschränkt.

Durch Yoga kön­nen wir aktiv auf die ver­schie­de­nen Ebe­nen des Ner­ven­sys­tems ein­wir­ken und die kör­per­ei­ge­nen ‚Schalt­krei­se‘ akti­vie­ren, die uns wie­der in einen gut regu­lier­ten Zustand brin­gen. Wir kön­nen wie­der ganz bewusst einen Raum zwi­schen dem Reiz und unse­rer Reak­ti­on schaf­fen. Kon­kret heißt das, dass wir durch Yoga­the­ra­pie ler­nen, unse­ren Kör­per wie­der bewuss­ter wahr­zu­neh­men und aktiv auf inne­re Blo­cka­den ein­ge­hen kön­nen. Als Yoga­the­ra­peu­tin bin ich qua­si nur die Beglei­te­rin im Hei­lungs­pro­zess. Ich bin die wache Instanz, die immer wie­der zurück auf das Bewusst­sein lenkt. Die Raum­hal­te­rin ist, für einen siche­ren Ort, an dem der Mensch sich ganz geschützt öff­nen kann. 

In der Yoga­the­ra­pie geht man von der Psy­cho­phy­sio­lo­gie von Erfah­run­gen aus. Das heißt, dass jede Erfah­rung — men­ta­ler, emo­tio­na­ler oder kör­per­li­cher Natur — die ein Mensch in sei­nem Leben macht, kör­per­lich abge­spei­chert wird. 

Wie kann Yoga bzw. gene­rell Kör­per­ar­beit wäh­rend einer The­ra­pie unter­stüt­zend wirken?

Gera­de The­men wie feh­len­de Selbst­lie­be oder Selbst­für­sor­ge sind oft recht gesprächs­re­sis­tent. Da reicht eine rei­ne Gesprächs­the­ra­pie meist nicht aus, um den Zustand des Pati­en­ten zu ver­bes­sern. Gesprächs­the­ra­pie fin­det haupt­säch­lich Top-Down statt — also vom Kopf aus­ge­hend, in den Kör­per hin­ein (Ver­hal­tens­än­de­run­gen, Denk­mus­ter ändern etc.). In der Yoga­the­ra­pie geht man davon aus, dass eine Selbst­re­gu­la­ti­on des Ner­ven­sys­tems vor allem durch Bot­tom-Up Pro­zes­se ent­ste­hen kann. Also dass wir über die bewuss­te Steue­rung unse­res Kör­pers, mit bei­spiels­wei­se Asa­nas (Kör­per­übun­gen) oder Atem­tech­ni­ken unse­ren Geist in einen Ruhe­zu­stand und somit unser Ner­ven­sys­tem wie­der ins Gleich­ge­wicht brin­gen können.

Ich fin­de bei­de Ansät­ze wich­tig und wert­voll. Oft wird jedoch der kör­per­the­ra­peu­ti­sche Ansatz in her­kömm­li­chen The­ra­pien nicht mit ein­be­zo­gen. Oder er wird aus­schließ­lich auf der Fit­ness-Ebe­ne ange­wandt, um Mus­keln zu kräf­ti­gen, den Kör­per stär­ker oder dehn­ba­rer zu machen. Mit einer bewuss­ten Kör­per­the­ra­pie, wie der Yoga­the­ra­pie, neh­men wir den Kör­per als Hilfs­mit­tel wahr. Wir wir­ken auf die Ner­ven­bah­nen in unse­rem Kör­per ein. So lösen wir durch ein regu­lier­tes bzw. aus­ge­gli­che­nes Ner­ven­sys­tem einen Hei­lungs­pro­zess auch im Geist und der See­le aus. Die­ser Ansatz kann dann eine Gesprächs­the­ra­pie auf ver­tief­ter inner­li­cher Ebe­ne unterstützen.


War­um ist es so wich­tig, den Kör­per miteinzubeziehen?

Wir Men­schen sind eben kei­ne rei­nen Kopf-Füß­ler! 😊 Wir sind eine Ein­heit aus Kör­per, Geist und See­le. In uns besteht immer eine dyna­mi­sche wech­sel­sei­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen dem Kör­per und unse­rem Kopf und unse­ren Emo­tio­nen. Wenn wir den Kör­per mit in unse­re Hei­lung und unser Leben ein­be­zie­hen, ler­nen wir mehr und mehr die Signa­le unse­res Kör­pers ken­nen, die er aus­sen­det, wenn wir zum Bei­spiel unter Stress ste­hen oder ande­re krank­ma­chen­de Sen­sa­tio­nen ver­spü­ren. Die­se wach­sen­de kör­per­li­che Wahr­neh­mung ist mei­ner Mei­nung nach genau­so wich­tig, wie wie­der­keh­ren­de nega­ti­ve Denk­mus­ter in einer Gesprächs­the­ra­pie zu entlarven. 

Mir ist bei­spiels­wei­se auf­ge­fal­len, wie ich jedes Mal bereits vor einem Zahn­arzt­be­such anfing, mei­nen Kör­per mehr und mehr zu ver­span­nen. Als ich dann auf dem Stuhl lag, habe ich wahr­ge­nom­men, dass ich immer mehr mei­ne Hän­de anspan­ne. Ich habe mei­ne Fin­ger inein­an­der gekrallt und mei­ne Bei­ne aus­ge­hend von den Hüf­ten ver­krampft. Es war nicht unglaub­lich sicht­bar, da es oft tief­lie­gen­de Mus­keln in uns sind, die das ver­ur­sa­chen, aber ich habe die Anspan­nung sehr stark in mir gespürt. Mir ist das so klar gewor­den, weil ich mich unwohl gefühlt habe, obwohl eigent­lich bis dahin gar nichts Schlim­mes pas­siert war.

Klar hat­te ich mei­ne Erfah­run­gen mit Zahn­ärz­ten bereits gemacht, aber die­se waren eigent­lich nie ernst­haf­ter Natur. Ich habe gespürt, dass mei­ne Anspan­nung eher daher kam, dass ich Angst davor hat­te, in naher Zukunft einen Schmerz oder ein unan­ge­neh­mes Geräusch der Werk­zeu­ge zu hören. Allein mei­ne Gedan­ken haben die­ses Unwohl­sein in mei­nem Kör­per aus­ge­löst. Natür­lich ist Schmerz und die Emp­fin­dun­gen dabei für jeden sub­jek­tiv und ich möch­te damit kei­ne Erfah­rung von jeman­dem herunterspielen. 

Mir wur­de nur dabei bewusst, dass ich durch die Anspan­nung mei­nes Kör­pers im Vor­aus mir letzt­end­lich wenig Gutes getan habe, da ich bereits ohne den Schmerz in ein Schmerz­be­wusst­sein bzw. eine Angst gegan­gen bin. Die­se Anspan­nung im Vor­aus hat mich letzt­end­lich nicht vor dem Schmerz oder der Unan­nehm­lich­keit beschützt. Es hat die gan­ze Erfah­rung eigent­lich schlim­mer gemacht! Also habe ich tief durch­ge­at­met und habe mit dem Aus­atem alle Span­nung aus mei­nem Kör­per gehen las­sen. Das ist ein ste­ti­ger Pro­zess. Auch jetzt noch wenn ich auf dem Zahn­arzt­stuhl lie­ge, muss ich mich immer wie­der dar­an erinnern.

Mei­ne Erfah­rung damit ist, dass ich im Gro­ßen und Gan­zen nun viel ent­spann­ter mit Zahn­arzt­be­su­chen umge­he. Natür­lich hilft es auch, im Vor­aus mei­ne Angst vor dem Schmerz aus­zu­spre­chen und zu fra­gen, wel­che Behand­lung auf mich zukommt. Mit der Bit­te, so vor­sich­tig wie mög­lich zu behan­deln. Meist mache ich damit gute Erfah­run­gen. Ein Besuch beim Zahn­arzt ist natür­lich nicht mit einem schwe­ren Trau­ma zu ver­glei­chen, das sich in unse­rem Kör­per und unse­rer See­le fest­setzt. Aber für mich macht es sicht­bar, wie wir bereits im All­tag durch einen bewuss­te­ren Umgang mit unse­rem Kör­per weni­ger Stress und mehr Ent­span­nung ver­spü­ren können. 

Durch die Yoga­the­ra­pie habe ich gelernt, wel­che Kör­per­par­tien und Mus­kel­grup­pen mit wel­chen psy­chi­schen Fak­to­ren, Ängs­ten und Emo­tio­nen in Zusam­men­hang ste­hen. So kann ich ganz gezielt auf ver­schie­de­ne Kör­per­re­gio­nen ein­ge­hen und an die­sen arbei­ten, wenn mein*e Klient*in mir von psy­chi­schen oder emo­tio­na­len Schwie­rig­kei­ten in ihrem/​seinem Leben berich­tet. Umge­kehrt gilt dies auch für kör­per­li­che Beschwer­den, die ein sehr guter Hin­weis auf tief­lie­gen­de psy­chi­sche und emo­tio­na­le Her­aus­for­de­run­gen sein kön­nen. Oft kommt dann in der The­ra­pie­ar­beit selbst erst das eigent­li­che Pro­blem und der Ursprung des Schmer­zes her­vor. Das, was wir im All­tag wahr­neh­men, sind meist die ober­fläch­li­chen Sym­pto­me, phy­sisch wie psychisch. 

Durch die Yoga­the­ra­pie habe ich gelernt, wel­che Kör­per­par­tien und Mus­kel­grup­pen mit wel­chen psy­chi­schen Fak­to­ren, Ängs­ten und Emo­tio­nen in Zusam­men­hang stehen. 

Inwie­weit beein­flusst der Kör­per unse­re Psy­che und umgekehrt?

Für mich als Yoga­leh­re­rin ist die Bedeu­tung unse­res vege­ta­ti­ven bzw. auto­no­men Ner­ven­sys­tems sehr essen­ti­ell für das Wohl­be­fin­den mei­ner Klient*Innen. Also der Bereich unse­res Kör­pers, der inner­kör­per­lich ablau­fen­de Vor­gän­ge auto­ma­tisch anpasst und regu­liert. Dies betrifft vor allem den Sym­pa­thi­kus, unser Ner­ven­ge­flecht, das in unmit­tel­ba­ren Stress­si­tua­tio­nen akti­viert wird. Es ver­setzt uns durch das Frei­set­zen der Stress­hor­mo­ne Adre­na­lin und Kor­ti­sol in einen Zustand höhe­rer Auf­merk­sam­keit und Flucht­be­reit­schaft. Wir mer­ken das bei­spiels­wei­se durch plötz­li­ches Schwit­zen und einen erhöh­ten Herz­schlag. Durch die Aus­schüt­tung der Stress­hor­mo­ne ist unser Kör­per zu einer erhöh­ten Leis­tung der lebens­wich­ti­gen Orga­ne fähig um zum Bei­spiel durch Kampf oder Flucht aus die­ser bedroh­li­chen Situa­ti­on her­aus­zu­kom­men. Zum vege­ta­ti­ven Ner­ven­sys­tem gehört auch der Para­sym­pa­thi­kus. Unser Ner­ven­ge­flecht, das unse­ren Kör­per und Geist wie­der in einen Ruhe- und Erho­lungs­mo­dus kom­men lässt.

Bei­de Ner­ven­ge­flech­te sind für unser Leben essen­ti­ell, jedoch kommt es auf eine aus­ge­wo­ge­ne Balan­ce an. Heut­zu­ta­ge leben wir Men­schen zum größ­ten Teil im akti­vier­ten Zustand unse­res Sym­pa­thi­kus. Wir tra­gen also stän­dig ein gewis­ses Level an Stress­hor­mo­nen in uns, ohne dass wir die Mög­lich­keit haben, die­sen inne­ren Druck wirk­lich abzu­bau­en. Und da kommt für mich Yoga und Kör­per­the­ra­pie ins Spiel. Trotz sei­ner vor­der­grün­di­gen Auto­no­mie kann die­ser Teil unse­res Ner­ven­sys­tems durch bewuss­te Akti­vi­tät beein­flusst wer­den. Dabei mei­ne ich nicht nur die rei­nen Asa­nas (Kör­per­übun­gen) und Atem­tech­ni­ken, son­dern auch die bewuss­te Wahr­neh­mung unse­rer Psy­che durch Medi­ta­ti­ons­tech­ni­ken und Bewusst­seins­übun­gen im Alltag. 

Mich beein­druckt immer wie­der, dabei über die Ver­hal­tens­for­schung von Wild­tie­ren zu lesen. Wie sie in trau­ma­ti­schen Stress­si­tua­tio­nen mit ihrem Kör­per umge­hen. Bei ihnen ist oft nach einem stress­vol­len Ereig­nis ein Zit­tern und Schüt­teln des gan­zen Kör­pers zu Beob­ach­ten. Ver­hal­tens­for­scher erklä­ren das dadurch, dass die Tie­re durch das star­ke Zit­tern ihr Ner­ven­sys­tem wie­der in ein inne­res Gleich­ge­wicht brin­gen. Dadurch akti­vie­ren sie die Selbst­hei­lung ihres Organismus.

Die kör­per­li­che Reak­ti­on auf ein Schock­erleb­nis ist das Kon­tra­hie­ren der tief­lie­gen­den Mus­kel­grup­pen um das Herz, den Bauch und alle lebens­wich­ti­gen inne­ren Orga­ne. Das dient zum Schutz der essen­ti­el­len Kör­per­re­gio­nen und ist ein grund­le­gen­der Über­le­bens­re­flex aller Säu­ge­tie­re. Durch das Zit­tern kann die Anspan­nung aus die­sen Mus­kel­grup­pen wie­der los­ge­las­sen wer­den und dem zen­tra­len Ner­ven­sys­tem wird signa­li­siert, dass die Gefahr vor­über ist. Zu Beob­ach­ten ist das bei­spiels­wei­se bei gefan­ge­nen Wild­tie­ren, die zurück in die Wild­nis frei­ge­las­sen wer­den. Sie zit­tern und „schüt­teln“ regel­recht die­se Mus­kel­an­span­nun­gen und damit stress­vol­len Erfah­run­gen von sich ab. 

Mit die­sem Wis­sen kann man auch bes­ser die Bedeu­tung der Kör­per­ar­beit in der The­ra­pie bei uns Men­schen ver­ste­hen. Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­run­gen sind blei­ben­de Erre­gungs­zu­stän­de im Men­schen nach einem Trau­ma. Die­se las­sen den Betroffenen/​die Betrof­fe­ne die belas­ten­den Ereig­nis­se durch wie­der­keh­ren­de Emo­tio­nen, Träu­me und Erin­ne­run­gen immer wie­der durch­le­ben. Eine gro­ße Rol­le spie­len dabei die im Orga­nis­mus ange­stau­ten kör­per­li­chen Span­nun­gen. Ohne eine Ent­la­dung nach einer trau­ma­ti­schen Erfah­rung hal­ten die­se den Kör­per in einem star­ken Stress­zu­stand gefan­gen. Die Anspan­nung im Kör­per signa­li­siert dem Ner­ven­sys­tem ste­tig eine ima­gi­nä­re Stress­si­tua­ti­on. Die wie­der­um löst auf psy­chi­scher Ebe­ne belas­ten­de Emo­tio­nen und Gedan­ken aus und alar­miert dadurch den Körper.

Ein klei­nes Ven­til, um aus die­sem Teu­fels­kreis aus­zu­bre­chen, ist für uns Men­schen bei­spiels­wei­se das Neu­ro­ge­ne Zit­tern. Eine Stress­re­duk­ti­ons­tech­nik bei der unser kör­per­ei­ge­nes Zit­tern pro­vo­ziert wird. Wir kön­nen dies ganz bewusst her­vor­ru­fen, um die tief­lie­gen­den Mus­kel­grup­pen, beson­ders den Pso­as-Mus­kel in unse­rem Becken zu ent­span­nen. Somit wird dem Para­sym­pa­thi­kus, unse­rem Ner­ven­sys­tem zur Erho­lung und Rege­ne­rie­rung, das Signal gege­ben, wie­der aktiv zu werden.

Was kannst du Men­schen ganz kon­kret als Tipp mit­ge­ben — etwas, das sie selbst in ihrem All­tag umset­zen können?

Mein Tipp ist es, dir über den Tag hin­weg immer wie­der kur­ze ruhi­ge Momen­te zu geben, in denen du ganz enst­pannt und tief in dei­nen Bauch hin­ein atmest und gedank­lich durch dei­nen Kör­per gehst. Das kann an einem aus­ge­wähl­ten Ort, in stil­ler Medi­ta­ti­on, in der Natur sein. Aber du kannst die­se Momen­te auch in dei­nen hek­ti­sche­ren All­tag inte­grie­ren — beim Bus­fah­ren, im Super­markt, am Arbeits­platz sit­zend. Es rei­chen schon ein paar Sekun­den um wie­der bewuss­ter in die Ent­span­nung zu kom­men. Fra­ge dich ganz direkt, ob und wo sich gera­de Mus­keln in dei­nem Kör­per unbe­wusst anspan­nen und ob du in bestimm­ten Stel­len dei­nes Kör­pers gera­de Schmer­zen ver­spürst. Geh dann mit dei­nem Atem gedank­lich zu die­sen Stel­len. Lass die Anspan­nung und den Schmerz ganz bewusst mit dem Aus­at­men aus dei­nem Kör­per gehen.

Ich ertap­pe mich immer wie­der dabei, wie sich bei­spiels­wei­se mei­ne Hüf­ten wäh­rend des Sit­zens ver­span­nen, wenn ich total in Gedan­ken oder in Arbeit ver­sun­ken bin. Mitt­ler­wei­le läch­le ich oft dabei in mich hin­ein und fra­ge mich, wie­so die­se Mus­kel­grup­pe sich gera­de anspan­nen mag und ob es nicht ange­neh­mer ist, wie­der in die Ent­span­nung zu gehen und mich von der Ver­kramp­fung zu lösen. Natür­lich lau­tet die Ant­wort dabei meis­tens: Jaaa, Ent­span­nung bitte!

Die­se inne­re Anspan­nung wird ja meist durch men­ta­le Pro­zes­se, die in der Ver­gan­gen­heit oder in der Zukunft lie­gen, aus­ge­löst. Wenn ich das bemer­ke, fällt es mir auch leich­ter, im jet­zi­gen Moment wie­der anzu­kom­men und mir bewusst zu machen, dass es mir jetzt gera­de in die­sem Moment eigent­lich gut geht und ich sicher bin. So wirst du immer acht­sa­mer mit dei­nem Kör­per und kannst in Stress­si­tua­tio­nen dann auch lie­be­vol­ler mit inner­li­chen Ver­kramp­fun­gen umge­hen. Ich stel­le mir dabei immer vor, wie mein Atem wie ein fri­scher Wind durch mei­nen Kör­per weht und alles mit­nimmt, was ich nicht mehr bei mir haben möch­te. Der schwie­rigs­te Schritt ist, glau­be ich, in die­se Rou­ti­ne zu kom­men. Dich im Lau­fe des Tages immer wie­der dar­an zu erinnern.

Dafür kann ich dir den Tipp geben, dir Din­ge in dei­ner Umge­bung zu suchen, die du auto­ma­tisch mit die­ser Übung asso­zi­ierst. Ein Bei­spiel: Erin­ne­re dich jedes mal dar­an wenn du ein gel­bes Auto siehst oder der Wind dei­ne Haut berührt. Oder wenn du einen Hund oder ein klei­nes Kind beob­ach­test. Wenn du sol­che Momen­te im All­tag fin­dest, die dich immer wie­der dar­an erin­nern, zu einer bewuss­ten Atmung und Ent­span­nung dei­nes Kör­pers zurück zu kom­men, wirst du bald mer­ken, wie sich dein Kör­per­ge­fühl mehr und mehr verbessert.

 
Vie­len Dank Sarah für das tol­le Interview.
 

 


 
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