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So findest du den Weg in & durch die Psychotherapie

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Sessel fuer psychotherapie in der natur

Die Psychotherapie. Ein Thema über das wir alle mehr sprechen sollten. Ohne Tabu oder Scham. Jeder kann mal aus dem Gleichgewicht geraten. Umso wichtiger ist es, sich Hilfe zu suchen. Ein echtes Zeichen von Mut. Ein kleiner Wegweiser.

In einer unserer Podcastfolgen haben wir über den Umgang mit negativen Gefühlen gesprochen. Die Folge findest du übrigens hier. Es ging darum, dass es mutig und wichtig ist, „negativen“ Gefühlen Raum zu geben, sie nicht zu verdrängen. Doch was ist, wenn aus einem unangenehmen Gefühl ein längerer Zustand wird? Ein Zustand, der deine mentale Gesundheit aus dem Gleichgewicht bringt. Dann ist es definitiv ratsam, über eine Psychotherapie nachzudenken. Dieses Thema ist in unserer Gesellschaft immer noch sehr heikel. Lieber hält man durch, anstatt eine Therapie in Erwägung zu ziehen.

Hier mal ein Gedanke, der diese Vorstellung hoffentlich etwas geraderückt:

Wenn du dir das Bein brichst, gehst du zum Arzt. Logisch. Du brauchst einen gesunden Körper, um dein Leben zu meistern. Das findet jeder richtig und wichtig. Niemand würde dir raten, das Bein einfach von selbst heilen zu lassen. Quasi: Wird schon werden.

Aber was ist mit deiner Psyche, deinem Geist? Jeder Gedanke, den du denkst, erzeugt Gefühle. Gefühle führen zu Handlungen und die Summe deiner Handlungen ist letztlich dein Leben. Du hast sicher schon mal die Erfahrung gemacht, wie Gefühle in deinem Körper wirken. Viellicht hast du bei Stress Bauchschmerzen oder bei Anspannung verhärtet sich deine Nackenmuskulatur.

Wenn man sich erstmal die Dimension bewusst macht, wie sehr unser Geist Einfluss auf unser Leben hat, wird die Frage, ob Psychotherapie vielleicht nicht doch übertrieben und unnötig ist, nichtig. Es ist wichtig, ein ausgeglichenes Gefühlsleben und einen friedlichen Geist zu haben. Manchmal passiert etwas im Leben, dass dieses Gleichgewicht durcheinander bringt. In diesen Fällen, sollte niemand zögern, wirklich niemand, sich Hilfe zu holen. In diesem Artikel teile ich Erfahrungen und Tipps, die dir durch den Prozess helfen können. Es gibt viele gute Artikel online, die sich mit den organisatorischen Gegebenheiten und den Rahmenbedingungen rund um eine Psychotherapie befassen. Wenn du dazu mehr wissen möchtest, dann gehe zum Ende des Artikels. Dort findest du weiterführende Infos zu den wichtigsten Themen. Ich möchte in meinem Artikel Platz machen für die emotionale Seite — die Fragen, Gefühle und Gedanken.



Wie bemerke ich eigentlich, dass ich eine Psychotherapie brauche?

Das ist eine schwere Frage. Jeder Mensch ist so unterschiedlich. Ganz allgemein gesprochen: Wenn du merkst, dass dein Problem deine Gedanken beherrscht und du dich über einen längeren Zeitraum anders fühlst als sonst — vielleicht sogar begleitet von Schlafstörungen, Angstgefühlen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, anhaltender Traurigkeit, Antriebslosigkeit —  dann solltest du darüber nachdenken. 


Wie läuft eine Therapie ab?

So läuft der Therapieprozess ab — von der Entscheidung bis zum Ende der Therapie 

  1. Abklären des Versicherungsstatus — Kasse oder Privat
  2. Therapeutensuche
  3. Vereinbarung einer Sprechstunde in einer psychotherapeutischen Praxis  
    Diese Sprechstunde ist Voraussetzung, um eine Psychotherapie beginnen zu können. Hier wird geklärt, ob eine Therapie sinnvoll ist oder nicht. Wenn ja, kannst du gleich bei der Person mit deiner Therapie starten oder (falls kein Platz mehr frei ist oder du dich nicht wohlfühlst) einen anderen Behandler*in aufsuchen. 
  4. Die ersten Probesitzungen
  5. Untersuchung durch einen Arzt
    Der Arzt/​die Ärztin klärt ab, ob evtl. auch eine körperliche Erkrankung vorliegt, die zusätzlich medizinisch zu behandeln ist und erstellt den sogenannten Konsiliarbericht. Es kann sein, dass du dem Arzt/​der Ärztin schildern musst, was dein Problem ist. Für manche wird das schwer sein: Noch eine Person, der man sich öffnen muss. Da hilft nur: Durchatmen und hinter sich bringen. Vielleicht hilft dir auch der Gedanke, dass diese Person bestimmt schon vieles gesehen und gehört hat und das aus einem professionellen Blickwinkel betrachtet.
  6. Bewilligung der Therapie
  7. Beginn der Psychotherapie
  8. Auslaufen lassen



Wie suche bzw. wie finde ich einen Therapieplatz?

Fangen wir mit der Suche an. Was du als erstes klären musst: welchen Versicherungsstatus hast du? Kasse oder Privat. Wenn du dich selbst auf die Suche machst, solltest du unbedingt bei der Wahl deiner Therapeuten darauf achten. Für mich war auch die Frage entscheidend: Mann oder Frau. Manchen ist es egal, andere haben bei vertraulichen Dinge eine Präferenz. Spüre in dich rein, mit wem du dich wohler fühlst. 

Es gibt unterschiedliche Wege:

  1. Du rufst oder schreibst den Psychotherapie Informationsdienst an. Weitere Infos findest dazu du hier. Dieser Dienst hat auch eine Onlinesuchfunktion
  2. Du rufst bei der kassenärztlichen Vereinigung deines Bundeslandes an und bittest um Adressen. Alternativ kannst du auch dort nach Therapeut*innen suchen. Bei der kassenärztlichen Bundesvereinigung findest du alle notwendigen Adressen. Hier lang.
  3. Du fragst direkt bei einem Therapeuten/​einer Therapeutin an.
  4. Gibt es in deiner Stadt ein Ausbildungsinstitut für Psychotherpeut*innen? Dort findest du auch oft die Möglichkeit, dich in einer Sprechstunde auszutauschen. Hier der Link zum Bundesverband für Anerkannte Ausbildungsinstitute 
  5. Geh zu deinem Hausarzt/​deiner Hausärztin. Schildere ihm/​ihr deine Situation, er/​sie kann dir vielleicht einen Kontakt vermitteln oder dich an eine entsprechende Stelle verweisen.
  6. Empfehlung von Freund*innen und Bekannten.



Was sollte ich bei den ersten Probesitzungen mit dem Therapeuten/​der Therapeutin beachten?

Nachdem du nun einen Termin mit einem Therapeuten/​einer Therapeutin vereinbart hast, habt ihr vier Probesitzungen — die sogenannten probatorischen Sitzungen (mindestens zwei höchstens vier Sitzungen a 50 Minuten) — miteinander. Diese dienen dazu, euch kennenzulernen und herauszufinden, ob die Chemie stimmt. Schließlich musst du dieser Person vertrauen und dich wohl fühlen. 

Fragen, die du dir in diesen Stunden stellen kannst:

  • Fühle ich mich ernst genommen, respektiert?
  • Wie fühle ich mich körperlich in der Gegenwart des Therapeuten?
  • Komme ich mit der Art der Interaktion klar? Redet die Person zu wenig, zu viel etc. 
  • Habe ich das Gefühl, ich kann der Person von meinen Problemen erzählen?

Die Beziehung zwischen dir und deinem Therapeuten/​deiner Therapeutin ist maßgeblich für den Erfolg der Therapie. Du hast Fragen zum Ablauf, zu Dauer und weiteren organisatorischen Belangen? Dann stelle sie dort. 

Wie sage ichs meinem Umfeld? Sage ich es überhaupt? Wie gehe ich mit den Reaktionen um?

Ob du dich öffnest, ist davon abhängig, wie unterstützend, verständnisvoll und liebevoll dein Umfeld ist. Das kannst nur du wissen. Es ist hilfreich am Anfang reinzuspüren, wer denn die vertrauensvollen Personen in deinem Leben sind. 
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Zeitpunkt. Gerade zu Beginn ist man noch sehr sensibel, schämt sich vielleicht sogar, dass man jetzt zur Therapie geht. In dieser Phase ist man sehr verletzlich. Darum überlege genau, wen du einweihst. Im Verlauf der Therapie, wenn man merkt, dass es einem besser geht, hat man mehr Kraft und Mut, darüber zu sprechen.
Für deinen Prozess ist es auf jeden Fall sehr hilfreich, wenn du zumindest eine Person im Umfeld hast, die weiß, dass du zur Therapie gehst. Einfach aus dem Grund, dass du dich ihr anvertrauen kannst, wenn du es brauchst. Vielleicht möchtest du dich mal über deinen Behandler*in austauschen oder du brauchst Unterstützung, um den Termin wahrnehmen zu können. 

Aber wie findest du die richtigen Worte?

Ich kann dir folgenden Ansatz empfehlen, wenn du schon etwas dabei bist: „Ich habe folgendes Problem“ + „Habe mir jetzt Hilfe geholt“ + „ Das hat sich dadurch schon gebessert“

Ansonsten kannst du es damit probieren: „Ich habe mir Hilfe gesucht, in Form einer Psychotherapie“ + „weil ich ….“ 

Das mit den Reaktionen ist so eine Sache. Du weißt leider nie, was kommt. Es kann also sein, dass du eine negative Reaktion bekommst. Das tut weh. Du hast dich geöffnet und verletzlich gezeigt. Aus objektiver Sicht ist eine negative Reaktion darauf nicht angebracht. Du bist mutig und kümmerst dich um dich selbst. Die Antwort deines Gegenübers sagt mehr aus über ihn/​sie, als über dich. Mach dir das bewusst. Vielleicht kann die Person schlecht mit Schwächen oder „negativen“ Gefühlen oder überhaupt Emotionalität umgehen. Vielleicht hat sie auch schlechte Erfahrungen gemacht. Oft sitzen auch noch völlig seltsame Vorstellungen von Psychotherapie in den Köpfen der Menschen. 

Ich kann es nur wieder betonen: Toll, dass du das machst!

 

Wie vereinbare ich eine Therapie mit meiner Arbeit?

Hier mal ein Hoch auf die Digitalisierung. Es gibt mittlerweile immer mehr Therapeut*innen, die eine Online-​Therapie anbieten. Diese Tatsache ermöglicht es, flexibler zu sein und die Therapie auch von Zuhause aus machen zu können. Die Sitzungen laufen nicht über Skype oder Zoom, sondern über ein speziell entwickeltes Tool, dass alle Kriterien des Datenschutzes erfüllt. In so einer Sache sehr wichtig. 

Ansonsten bleibt die Vereinbarkeit von Arbeit und Therapie aufgrund des Stigmas weiterhin ein schwieriges Thema. Nicht jeder hat ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Vorgesetzten und Kolleg*innen, um sich in dieser Sache mitteilen zu können und eine Lösung zu finden, wenn die Therapietermine in die Arbeitszeit fallen. Am besten hier in sich rein fühlen und auch unbedingt mit dem Behandler*in sprechen, um eine möglichst gute Lösung zu finden. 

 

Wichtige Erkenntnisse + Tipps 

  • Du bist nicht schwach. Du bist total stark, denn du holst dir Hilfe. Das ist definitiv kein Zeichen von Schwäche!
  • Du bist nicht alleine. Es gibt viele Menschen, denen es ebenso geht wie dir. 
  • Gedanken, die immer wieder aufkommen:
  • Mein Problem ist doch gar nicht so schlimm, dass ich wirklich Hilfe brauche.
  • Der Therapeut/​die Therapeutin denkt auch, dass ich eine Heulsuse, Waschlappen etc. bin.
  • Der Behandler*in ist sicher gelangweilt von mir. Ich nerve ihn/​sie.
  • Ich darf keine Hilfe in Anspruch nehmen.
  • Kann ich dieser Person wirklich davon erzählen? Das ist doch peinlich und unangenehm.

 

Schau dir die Gedanken an & nimm sie an, wie sie sind. In dem Bewusstsein, dass viele Leute so denken. Das hier ist eine kleine persönliche Erhebung aus meinem Umfeld 😉 Du kannst auch gerne mit deinem Therapeuten/​deiner Therapeutin darüber sprechen.

 

  • Du musst niemandem davon erzählen. 
  • Kümmere dich während dieser Zeit gut um dich. Vor allem nach den Therapiestunden. Im besten Fall nimmst du dir direkt nach einer Sitzung ein bisschen Zeit für dich selbst. Haste nicht einfach von Termin zu Termin. Es kann sein, dass du nach der Stunde total müde, traurig oder aufgewühlt bist. Plötzlich den Schalter umlegen und wieder funktionieren ist möglich, aber nicht gerade freundlich dir selbst gegenüber und kann wirklich hart sein.  Darum ist diese Zeit danach so wichtig. Je nachdem, nach was dir ist, kannst du folgendes für dich tun: Ausruhen, was schönes machen z.B. im Park spazieren gehen, dir was Gutes gönnen z.B. ein leckeres Essen. Und wenn das nicht geht, dann such dir im Laufe des Tages ein Zeitfenster, das du nur für dich reservierst.
  • Suche dir Menschen, die wissen, wie es ist, eine Psychotherapie zu machen. Diese Erfahrung ist prägend. Es tut gut, von Menschen verstanden zu werden, die wissen, was du durchlebst. Dieses Unterstützung ist so heilsam und wichtig.
  • Es ist total normal, wenn du dir am Anfang schwer tust, dich vor einem noch Fremden zu öffnen und über deine Angelegenheiten zu sprechen. Mit der Zeit wird es dir leichter fallen. 
  • Deine Probleme und dein Wohlbefinden zählen — du darfst eine Therapie in Anspruch nehmen.
  • Höre auf dein Gefühl — du brauchst mehr Stunden bei deinem Therapeuten/​deiner Therapeutin: Sprich mit ihm. Du willst weniger: Sprich mit deinem Therapeuten/​deiner Therapeutin.
  • Keine Scham oder Scheu. Der Therapeut/​die Therapeutin ist für dich da. Halte nichts zurück. Er oder sie soll und will dir helfen. Du musst niemanden schonen oder gefallen.
  • Suche dir währenddessen Dinge, die dir gut tun und dich unterstützen z.B. Meditation, Lesen, Baden, Musik hören, eine bestimmte Serie schauen etc.
  • Gehe dein “Problem” ganzheitlich an. Dieser Punkt ist so so wichtig! Leider wird diesem Aspekt nicht viel, wenn überhaupt, Beachtung geschenkt. Du als Mensch bist eine Einheit aus Geist, Körper und Seele. Mit der Psychotherapie kümmerst du dich um deinen Geist. Um deine Seele kannst du dich in Form von Meditationen und Energiearbeit kümmern. Aber dann ist da noch dein Körper. In ihm speichern sich Gefühle und Erinnerungen ab. Dein Körper hat alles mit dir miterlebt. Auch auf dieser Ebene sollte die Vergangenheit/​dein Problem bearbeitet werden, um vollständig zu heilen. Wie das alles zusammenhängt und was du genau tun kannst, erklärt dir Sarah Troßmann, sie ist traditionelle Hatha-​Yogalehrerin und psychologische Yogatherapeutin. Ich habe mit ihr ein kleines Interview geführt. Das findest du hier

 

Weitere wichtige Themen rund um die Therapie 

🔗 Link-​Tipps von offiziellen Beratungsstellen

  • Die Unterschiede in den Therapieformen — zum Artikel
  • Was bezahlt die Krankenkasse? — zum Artikel
  • Das Kostenerstattungsverfahren — zum Artikel
  • Was ist der Unterschied zwischen einem Psychotherapeuten und einem Psychiater — zum Artikel

 

Ich hoffe sehr, dass dich dieser kleine Wegweiser auf deinem Weg unterstützt. Und nochmal: Du bist so so mutig, wenn du dich für eine Psychotherapie entscheidest. Cheers to you!

Alles Liebe für dich.
Alma

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